Wurzel ziehen in der Mathematik – Definition, Beispiele und Anwendungen
Inhaltsverzeichnis zum Thema Wurzel ziehen
Wurzel ziehen im Überblick
Wurzeln in der Mathematik – Definition und Eigenschaften
In der Mathematik kommen verschiedene Wurzeln vor. Am häufigsten verwendet werden die Quadratwurzeln, die auch einfach als Wurzeln bezeichnet werden. Das Wurzelziehen ist die Umkehroperation des Quadrierens bzw. des Potenzierens. Wurzeln zu höheren Potenzen werden z. B. als dritte Wurzel, vierte Wurzel oder -te Wurzel bezeichnet.
Quadratwurzeln – Definition und Eigenschaften
Du kennst bestimmt schon die Folge der Quadratzahlen. Diese erhältst du, indem du die natürlichen Zahlen quadrierst: ,
,
,
,
und so weiter. Beim Wurzelziehen drehen wir die Operation des Quadrierens um. Gesucht ist also nicht wie beim Quadrieren eine Zahl
, die das Quadrat einer gegebenen Zahl
ist, sondern umgekehrt: Gesucht ist eine Zahl
, deren Quadrat die vorgegebene Zahl
ist.
Am einfachsten erklärt wird das Wurzelziehen am Beispiel der Quadratzahlen: Die Wurzel aus der Zahl ist eine Zahl
, deren Quadrat die Zahl
ergibt:
. Wir kennen eine solche Zahl, nämlich
. Denn
. Also schreiben wir:
Aber was ist mit der Zahl ? Es gilt auch
. Die gesuchte Zahl
mit der Eigenschaft, dass
gilt, ist also nicht eindeutig. Ganz allgemein gilt: Zu jeder Zahl
mit
können wir auch die Gegenzahl
verwenden. Denn mit
gilt auch
.
Definition
Um mit der Uneindeutigkeit der Lösungen und
der Gleichung
umzugehen, verwenden wir die folgende Definition der Wurzel: Die Wurzel
einer Zahl
ist die eindeutig bestimmte positive Lösung der Gleichung
. Die Gleichung
hat auch eine negative Lösung. Die negative Lösung ist die Gegenzahl der positiven Lösung. Daher schreiben wir
für die eindeutig bestimmte negative Lösung der Gleichung
.
Für ist also
, denn
und
. Außerdem ist
, denn
ist die Gegenzahl von
.
Ist , ist die Gleichung
eindeutig lösbar durch
. Wir schreiben daher auch
. Ist
, hat die Gleichung
gar keine reelle Zahl
als Lösung. Denn das Quadrat einer reellen Zahl
ist niemals negativ.
Eigenschaften
- Eine Zahl und ihre Gegenzahl haben dasselbe Quadrat. Die Wurzel aus einer Quadratzahl ist immer die positive der beiden Zahlen mit diesem Quadrat. Es ist also
, denn
und
ist positiv.
- Quadrierst du eine Wurzel, erhältst du immer die Zahl unter der Wurzel:
. Denn
ist die eindeutige Lösung der Gleichung
.
- Ziehst du die Wurzel aus dem Quadrat einer Zahl
, erhältst du nicht automatisch die Zahl
, die du quadriert hast. Denn
kann eine negative Zahl sein, aber die Wurzel ist nie negativ. Statt der Zahl
erhältst du beim Wurzelziehen aus
im Allgemeinen den Betrag von
. Es gilt also:
. Beispielsweise ist
, sondern
.
Damit wir über die Eigenschaften des Wurzelziehens einfacher sprechen können, bezeichnen wir die einzelnen Zahlen, die dabei vorkommen, mit Fachausdrücken: Die Zahl unter der Wurzel heißt Radikand. Das Ergebnis des Wurzelziehens ist der Wurzelwert. Und die Zahl im Exponenten der Gleichung nennt man Wurzelexponenten. Bei Quadratwurzeln lässt man den Exponenten
meistens weg und schreibt einfach
statt
.
Deutlicher wird das noch im folgenden Abschnitt, wenn wir Wurzeln mit höheren Exponenten betrachten.
Wurzeln höherer Exponenten – Definition und Eigenschaften
Die Quadratwurzel einer Zahl ist die eindeutige positive Lösung
der Gleichung
. Das Wurzelziehen macht in einem bestimmten Sinn das Quadrieren rückgängig: Ist
, ist
. Wenn du eine positive Zahl
quadrierst und dann daraus die Wurzel ziehst, erhältst du wieder die Zahl
.
Statt eine Zahl nur zu quadrieren, können wir auch eine höhere Potenz der Zahl berechnen. Wollen wir diese Operation des Potenzierens umkehren, benötigen wir Wurzeln zu höheren Exponenten. Wir beschränken uns dabei wieder auf den Fall
.
Bei Wurzeln mit höherem Exponenten müssen wir unterscheiden zwischen geraden und ungeraden Wurzelexponenten:
n-te Wurzeln für gerades n
Ist eine gerade Zahl, z. B.
,
usw., ist die
-te Wurzel ganz analog definiert wie bei Quadratwurzeln: Die
-te Wurzel einer Zahl
ist die eindeutige positive Lösung
der Gleichung
. Die Zahl
unter der Wurzel heißt Radikand. Die Zahl
auf dem Wurzelzeichen bzw. im Exponenten der Gleichung heißt Wurzelexponent. Die Zahl
schließlich ist der Wurzelwert.
Beispielsweise ist . Denn
. Die Zahl
ist der Wurzelexponent und der Exponent der zugehörigen Gleichung ohne Wurzel. Die Zahl
ist der Radikand, also die Zahl, aus der die vierte Wurzel gezogen wird. Der Wurzelwert ist in diesem Beispiel die Zahl
.
Die Gleichung hat im Fall, dass
gerade ist, zwei verschiedene Lösungen, nämlich
und
. Die
-Wurzel ist definiert als die positive Lösung dieser Gleichung und nur durch diese zusätzliche Bedingung eindeutig bestimmt. Anders ist die Situation für ungerade Wurzelexponenten, die wir uns im nächsten Abschnitt ansehen:
n-te Wurzeln für ungerades n
Ist eine ungerade Zahl, z. B.
,
,
usw., hat die Gleichung
stets nur eine reelle Zahl als Lösung. Wir müssen also das Vorzeichen dieser Lösung nicht eigens wählen. Wir definieren daher
als die eindeutige Lösung
der Gleichung
.
Beispielsweise ist . Denn
. Die Zahl
ist der Wurzelexponent und der Exponent der zugehörigen Gleichung ohne Wurzel. Die Zahl
ist der Radikand, also die Zahl, aus der die dritte Wurzel gezogen wird. Der Wurzelwert ist in diesem Beispiel die Zahl
.
Die Tatsache, dass die Gleichung für ungerade Exponenten eindeutig lösbar ist, gilt aber nicht nur für
, sondern auch für negative Radikanden
. Die
-te Wurzel
ist daher auch für Radikanden
definiert. Der Wurzelwert hat das gleiche Vorzeichen wie der Radikand: Ist
, ist auch
.
Dass die Gleichung für ungerade Exponenten eindeutig lösbar ist, kann man auch noch anders ausdrücken: Ist
eine Lösung der Gleichung
, ist die Gegenzahl
keine Lösung dieser Gleichung: Denn für die Gegenzahl
gilt:
. Hierbei haben wir benutzt, dass
ist, wenn der Exponent
ungerade ist.
Quadratwurzeln und Wurzeln höherer Exponenten – Exponentialschreibweise
Da das Wurzelziehen das Quadrieren bzw. Potenzieren umkehrt, kannst du die Exponentialschreibweise benutzen, um Wurzeln darzustellen. Die Quadratwurzel einer Zahl schreibst du dann als Potenz mit dem Exponenten
, also
. Analog schreibst du die
-Wurzel von
als Potenz mit dem Exponenten
, also
.
Der Grund für diese Schreibweise liegt in den Potenzgesetzen: Für natürliche Zahlen und
als Exponenten gilt
. Diese Schreibweise wird auf positive rationale Zahlen als Exponenten erweitert. Die Stammbrüche als Exponenten entsprechen dann genau den höheren Wurzeln. Denn wegen der Potenzregel ist
eine positive Zahl, für die gilt:
. Also muss
sein, denn
ist die eindeutige positive Lösung der Gleichung
.
Das Analoge gilt auch für Wurzeln mit höheren Exponenten: Die Zahl erfüllt die Gleichung
. Also ist
und folglich
.
Wurzeln in der Mathematik – Rechenregeln und Wurzelgesetze
Die wichtigsten Rechenregeln beim Rechnen mit Wurzeln sind die folgenden:
Quadratwurzeln spezieller Zahlen
- Die Wurzel aus einer Quadratzahl ist die natürliche Zahl, deren Quadrat die vorgegebene Quadratzahl ist. Beispielsweise ist
, denn
.
- Ist
keine Quadratzahl, ist
keine ganze Zahl.
und
, denn
und
.
und
, denn
und
.
- Die Wurzel aus einer negativen Zahl existiert nicht (bzw. ist keine reelle Zahl).
Rechenregeln für Wurzeln und Quadrate
- Das Quadrat einer Wurzel ist die Zahl unter der Wurzel:
.
- Die Wurzel aus dem Quadrat einer Zahl ist der Betrag dieser Zahl:
.
Wurzeln aus Produkten und Quotienten
- Die Wurzel aus dem Produkt zweier Zahlen ist das Produkt der Wurzeln:
. Denn aus der Produktregel beim Quadrieren folgt:
.
- Das Gleiche wie für Quadratwurzeln gilt auch für Wurzeln mit höheren Exponenten: Die
-te Wurzel aus einem Produkt ist das Produkt der
-ten Wurzeln:
.
- Die Wurzel aus einem Bruch ist der Bruch der Wurzeln: Für Zahlen
und
ist
.
- Das Gleiche wie für Quadratwurzeln von Quotienten und Brüchen gilt auch für Wurzeln mit höheren Exponenten:
und
Wurzeln aus Summen und Differenzen
- Für Wurzeln aus Summen oder Differenzen gibt es keine Berechnungsformel.
- Die Wurzel aus der Summe zweier Zahlen
und
ist nie das Gleiche wie die Summe der Wurzeln dieser Zahlen:
. Denn wenn du die Summe der Wurzeln quadrierst, musst du zur Berechnung die erste binomische Formel verwenden:
- Auch für die Summe oder Differenz von Wurzeln gibt es keine Berechnungsformel.
- Die Wurzel aus der Differenz zweier verschiedener Zahlen
und
ist nie das Gleiche wie die Summe der Wurzeln dieser Zahlen: Sind
und
mit
, ist
. Denn wenn du die Differenz
quadrierst, musst du zur Berechnung die zweite binomische Formel benutzen und erhältst:
Wurzeln aus Potenzen und Potenzen von Wurzeln
- Die Potenz der Wurzel einer Zahl
ist das Gleiche wie die Wurzel der Potenz dieser Zahl:
- Umgekehrt ist auch die Wurzel aus der Potenz einer Zahl
das Gleiche wie die Potenz der Wurzel dieser Zahl:
- Für eine Zahl
sind die
-te Potenz und die
-te Wurzel Operationen, die sich gegenseitig aufheben:
- Die
-te Wurzel einer Zahl
kannst du als Potenz mit dem Exponenten
schreiben:
- Potenzierst du die
-te Wurzel einer Zahl
mit dem Exponenten
, erhältst du das Gleiche, wie wenn du zuerst potenziert und dann die Wurzel ziehst:
Beide Seiten dieser Gleichung kannst du in der Exponentialschreibweise alsdarstellen.
Übersicht – Wurzelgesetze und Rechenregeln
In der folgenden Tabelle findest du die wichtigsten Formeln zum Wurzelziehen im Überblick:
Bezeichnung/Rechenoperation | Bedingung/Formel |
---|---|
Quadratwurzeln | |
Radikand ![]() |
![]() |
Wurzelwert ![]() |
![]() |
Exponentialschreibweise | ![]() |
Quadrat | ![]() ![]() |
Produkt | ![]() |
Bruch | ![]() |
Summe | ![]() |
Differenz | ![]() |
Potenz | ![]() |
Wurzeln mit Wurzelexponent ![]() |
|
Radikand ![]() |
|
Wurzelwert ![]() |
![]() |
Exponentialschreibweise | ![]() |
![]() ![]() |
![]() ![]() |
Produkt | ![]() |
Bruch | ![]() |
Potenz | ![]() |
Wurzeln in der Mathematik – Beispiele und Anwendungen
In der Mathematik gibt es viele verschiedene Situationen, in denen Wurzeln verwendet werden. Wir zeigen dir hier einige typische Beispiele und Anwendungen.
Wurzelterme mit Zahlen und Variablen
Genauso wie aus Zahlen kannst du auch aus Termen mit Variablen Wurzeln ziehen. Dabei musst du die Rechenregeln und Wurzelgesetze berücksichtigen.
Aus einem Term mit Zahlen und Variablen kannst du die Wurzel ziehen, indem du alle Faktoren eines Produkts einzeln berechnest. Dabei musst du auch berücksichtigen, welche Zahlen du für die Variablen einsetzen darfst. Sind beispielsweise und
Variablen, für die nur positive Werte oder
eingesetzt werden, ist
Sind für die Variable auch negative Werte zulässig, ist
Negative Werte für die Variable sind in jedem Fall unzulässig, denn die Quadratwurzeln aus negativen Zahlen sind nicht definiert.
Manchmal ist es für Umformungen praktisch, das Wurzelziehen umzukehren, also Terme unter eine Wurzel zu bringen, die außerhalb der Wurzel stehen. Bei Wurzeln mit geraden Exponenten musst du dabei die Vorzeichen beachten. Im Term kannst du die Variable
unter die Wurzel bringen, indem du sie quadrierst. Dabei musst du aber unbedingt das Vorzeichen von
berücksichtigen: Ist
, ist
. Ist aber
, ist
.
Genauso wie Quadratwurzeln kannst du auch höhere Wurzeln mit Zahlen und Variablen berechnen. Du kannst Wurzeln ziehen und dadurch Wurzelterme vereinfachen:
Oder du kannst Variablen unter die Wurzel bringen, indem du sie mit dem Wurzelexponenten potenzierst:
Oft wird die Berechnung von Wurzeltermen mit Variablen einfacher, wenn du die Exponentialschreibweise verwendest. Wir schreiben im Folgenden also für die Quadratwurzel aus
und
für die
-te Wurzel aus
. In dieser Schreibweise ist z. B.
.
Nun können wir Wurzelausdrücke mit den Potenzgesetzen umrechnen. Das bedeutet, wir benutzen die Formeln und
zum Umformen von Wurzelausdrücken mit Variablen.
Beispielsweise lässt sich der komplizierte Ausdruck mit der Exponentialschreibweise und dem Potenzgesetz zu
vereinfachen:
Analog kannst du den Term mit dem Potenzgesetz zu
vereinfachen:
Wurzeln ziehen mit Zahlen und Einheiten
Du kennst schon Rechnungen mit Einheiten und Potenzen: Den Flächeninhalt eines Rechtecks misst du in Einheiten wie oder
oder
usw. Den Rauminhalt eines Gefäßes oder eines Raums misst du in Einheiten wie
oder
oder
. Wenn du mit solchen Einheiten rechnest, kann es vorkommen, dass du auch Wurzeln ziehen musst. Hier sind zwei Beispiele:
Gegeben ist ein Rechteck mit den Kantenlängen und
. Welche Kantenlänge hat ein Quadrat mit dem gleichen Flächeninhalt wie das Rechteck? Um die Aufgabe zu lösen, berechnen wir zuerst den Flächeninhalt des Rechtecks mit der Formel
. Für
und
setzen wir die gegebenen Kantenlängen ein und erhalten:
Den Flächeninhalt eines Quadrats mit Kantenlänge berechnen wir mit der Formel
. Wir setzen also
. Um die Kantenlänge
zu berechnen, ziehen wir die Wurzel aus
:
Die Kantenlänge des gesuchten Quadrats beträgt also .
Im zweiten Beispiel betrachten wir den Rauminhalt. Ein Liter ist das Gleiche wie ein Kubikdezimeter: . Mit anderen Worten: Ein Liter Wasser passt genau in einen Würfel der Kantenlänge
. Wie groß muss ein würfelförmiges Gefäß dann sein, damit
Wasser hineinpassen? Es muss natürlich doppelt so groß sein, wenn man den Rauminhalt misst, denn es sollen ja
Wasser hineinpassen. Aber wie lang müssen die Seiten des Würfels sein? Um das zu berechnen, verwenden wir die Formel für das Volumen
eines Würfels:
. Dabei ist
die Kantenlänge des Würfels. Wir setzen den bekannten Rauminhalt ein:
. Um die Gleichung
nach der unbekannten Kantenlänge
aufzulösen, ziehen wir die dritte Wurzel:
Der Würfel muss also eine Kantenlänge von ca. haben, damit sein Rauminhalt
beträgt. Die Lösung
ist nur eine Approximation der dritten Wurzel. Tatsächlich ist
eine irrationale Zahl, also eine nicht periodische Dezimalzahl mit unendlich vielen Stellen. Das Problem der Würfelverdoppelung ist also nicht durch eine Bruchzahl lösbar.
Wurzeln und der Satz des Pythagoras
In einem rechtwinkligen Dreieck gilt für die Längen der drei Seiten der Satz des Pythagoras: Die Summe der Quadrate der beiden kürzeren Seiten – also der Katheten – ist gleich dem Quadrat der längsten Seite – also der Hypotenuse.
Meistens werden die Seiten in einem rechtwinkligen Dreieck mit den Buchstaben ,
und
bezeichnet, wobei
für die Hypotenuse steht.
In diesem Fall kannst du den Satz des Pythagoras durch die Formel ausdrücken.
Der Satz des Pythagoras und das Wurzelziehen werden verwendet, um die Länge einer Seite im rechtwinkligen Dreieck zu berechnen, wenn nur die beiden anderen Seitenlängen bekannt sind. Wir betrachten zuerst ein rechtwinkliges Dreieck mit den beiden Katheten und
. Gesucht ist die Länge der Hypotenuse
. Mit dem Satz des Pythagoras erhalten wir:
Die Länge erhalten wir, indem wir aus
die Wurzel ziehen:
Ganz analog können wir auch die Länge einer der Katheten berechnen, wenn die Längen der anderen Kathete und der Hypotenuse bekannt sind. Wir betrachten ein rechtwinkliges Dreieck mit den Seitenlängen und
. Die Formel
lösen wir zuerst nach
auf, da
die unbekannte Länge ist:
Indem wir aus dem Term die Wurzel ziehen, erhalten wir die gesuchte Länge:
Wurzeln zum Lösen quadratischer Gleichungen
Steht eine Variable zum Quadrat in einer Gleichung, musst du eine Wurzel ziehen, um die Gleichung zu lösen. Bei einer quadratischen Gleichung in allgemeiner Form oder in Normalform
geht das Wurzelziehen aber nicht direkt. Denn aus einer Summe kannst du nicht die Wurzel ziehen. Du musst die Gleichung erst zu einem Quadrat umformen, aus dem du dann die Wurzel ziehen kannst. Das Verfahren der Umformung nennt man quadratische Ergänzung.
Bei einer Gleichung in Normalform erhältst du durch die quadratische Ergänzung die äquivalente Gleichung . Nun kannst du aus beiden Seiten der Gleichung die Wurzel ziehen und erhältst die Gleichung
. Da auch die Gegenzahl der Wurzel die Gleichung löst, erhältst du für die zweite Lösung der quadratischen Gleichung die Darstellung
. Beide Lösungen werden in der
-Formel zusammengefasst:
Eine quadratische Gleichung in allgemeiner Form kannst du in ähnlicher Weise quadratisch ergänzen, sodass eine Wurzel zu der Lösung führt. Die Lösungsformel, die du dadurch erhältst, ist die Mitternachtsformel:
Wurzeln in der höheren Mathematik
Mit Wurzeln kann man in der Mathematik noch eine Menge mehr machen, als wir hier erklären können. Wir zeigen nur zwei kleine Ausblicke, in denen die Mathematik des Wurzelziehens komplizierter und komplexer wird.
Die Wurzelfunktionen
Für jede nicht negative Zahl haben wir oben die Wurzel
definiert. Tragen wir in einem Koordinatensystem über jedem
in der
-Richtung den Wurzelwert
ab, erhalten wir den Funktionsgraphen der Wurzelfunktion
.
Das Gleiche können wir auch für Wurzeln mit höheren Wurzelexponenten machen und erhalten die Funktionsgraphen der Funktionen . Auf diese Weise erhältst du für jeden Wurzelexponenten
eine Wurzelfunktion. Alle diese Wurzelfunktionen haben zwei Werte gemeinsam: Für jedes
ist
und
.
Bei der Definition der Wurzelfunktionen musst du beachten, dass der Definitions- und der Wertebereich der Funktion vom Wurzelexponenten abhängen: Ist
gerade, ist der Definitions- und Wertebereich von
jeweils der Bereich
der nicht negativen reellen Zahlen. In dem folgenden Diagramm siehst du die Funktionsgraphen solcher Wurzelfunktionen für verschiedene Wurzelexponenten
.

Ist ungerade, ist der Definitions- und Wertebereich der Wurzelfunktion
jeweils
. Diese Wurzelfunktionen haben einen weiteren gemeinsamen Wert: Für jedes ungerade
ist
. In dem folgenden Diagramm sind Funktionsgraphen von Wurzelfunktionen
für drei verschiedene, ungerade Werte von
eingezeichnet. Du erkennst deutlich die gemeinsamen Punkte
und
und
.

Quadratwurzeln aus negativen Zahlen
Die Wurzel aus einer Zahl ist eine Lösung
der Gleichung
. Ist
, gibt es keine reelle Zahl
, die die Gleichung
löst. Denn für jede reelle Zahl
ist
. Da die Gleichung
für
nicht lösbar ist, ist das Wurzelziehen in den reellen Zahlen nicht möglich, wenn der Radikand negativ ist.
Dass eine Gleichung in einem bestimmten Zahlenbereich nicht lösbar ist, kennst du bestimmt schon: Die Gleichung ist nicht lösbar, solange du nur mit natürlichen Zahlen rechnest. Durch die Zahlbereichserweiterung zu den ganzen Zahlen wird die Gleichung
lösbar durch
. Im Zahlbereich
der ganzen Zahlen ist dann jede additive Gleichung, in der ganze Zahlen vorkommen, auch durch ganze Zahlen lösbar. Ganz analog ist die Gleichung
nicht lösbar, solange du nur mit ganzen Zahlen rechnest. Erst durch die Erweiterung zu den rationalen Zahlen wird die Gleichung
lösbar durch
. Im Zahlbereich
der rationalen Zahlen ist dann auch jede multiplikative Gleichung, in der rationale Zahlen vorkommen, mit rationalen Zahlen lösbar.
Im Zahlbereich ist aber nicht jede polynomiale Gleichung lösbar. Denn die Gleichung
hat die Lösungen
und
. Diese Lösungen sind keine rationalen Zahlen, sondern reelle Zahlen. Um polynomiale Gleichungen mit rationalen Koeffizienten zu lösen, ist also die Erweiterung zu einem Zahlbereich nötig, der auch reelle Zahlen enthält. Das genügt aber nicht, um jede solche Gleichung zu lösen, denn die Gleichung
hat keine reelle Zahl als Lösung. Außerdem enthält der Zahlbereich
der reellen Zahlen auch Zahlen, die gar keine Lösungen solcher Gleichungen sind, z. B.
oder
.
Es ist möglich, den Zahlbereich der reellen Zahlen so zu erweitern, dass auch Wurzeln negativer Zahlen existieren. Zahlen in dieser Erweiterung nennt man komplexe Zahlen. Um die Menge aller komplexen Zahlen zu definieren, führt man zuerst das Symbol
ein und definiert
. Indem man dieses
mit beliebigen reellen Zahlen kombiniert, erhält man Zahlen der Form
mit
. Zahlen
dieser Form heißen komplexe Zahlen. Die Zahl
nennt man die imaginäre Einheit. Die reellen Zahlen
und
in der Darstellung
heißen Realteil von
und Imaginärteil von
. Den Zahlbereich aller komplexen Zahlen bezeichnet man mit dem Symbol
. Das Symbol
steht übrigens für imaginär. Denn Zahlen, deren Quadrat negativ ist, galten lange als bloß vorgestellte (imaginäre) und nicht wirkliche (reelle) Zahlen.
Mit komplexen Zahlen kann man dann ganz genauso rechnen wie mit reellen Zahlen. Beim Multiplizieren muss man nur die Gleichung
berücksichtigen.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Wurzel ziehen